Nelleke Beltjens IRRESISTIBLE NON-SOLUTION

19.10.2013 - 21.12.2013

Wir freuen uns, mit irresistible non-solution Nelleke Beltjens dritte Einzelausstellung in unseren Räumen präsentieren zu können. Im Rahmen der Ausstellung zeigt die niederländische Künstlerin (*1974) Zeichnungen ihrer neuen Werkgruppe, die im vergangenen Jahr bei Arbeitsaufenthalten im VCCA (Virginia), Yaddo (New York) und in Berlin entstanden sind.

Das gegenwärtige Leben ist durch Unsicherheit und Komplexität gekennzeichnet. Das Gefühl, dass wir in einem Zwischenzustand leben, wird immer offensichtlicher; Veränderung ist nicht nur eine Idee, sondern vielmehr auf verschiedenen Ebenen zu spüren. Nichts ist stabil, alles ist fragmentiert und in Bewegung.

Ich benutze das Medium der Zeichnung, um hochkomplizierte Strukturen zu schaffen, die auf die Überkomplexität unserer Wirklichkeit anspielen. Von großer Wichtigkeit für meinen Arbeitsprozess ist die Musik. Das intensive und vielfach wiederholte Anhören bestimmter Musikstücke – in letzter Zeit vor allem von Wagner und Beethoven – erzeugt die Stimmung, den Rhythmus und die Gefühlsebene, auf der die Zeichnungen entstehen können. Auch wenn sie als Ganze komplex sind, sind die Zeichnungen doch mit eher einfachen Mitteln gemacht: ganz kurze Striche, die über den Rand eines rechteckigen Papiers hinweg gezogen werden. Was die Zeichnungen bestimmt, ist das Zusammenkommen von Simplizität und Komplexität. Die Vorstellung, dass wir unsere Existenz nie ganz erfassen können, dass alles in beständiger Bewegung ist, ohne irgendetwas Stabiles, und dass alles miteinander verbunden ist und wiederkehrt, ist ein Hauptthema der Arbeiten. Neben dem Zeichnen schneide ich auch in die Arbeiten hinein, tausche rechteckige Teile eines Blattes mit denen eines anderen aus, um so einen bereits gezeichneten ›Fluss‹ zu unterbrechen und mit einer weiteren, neuen Ebene zu beginnen, die dann ebenfalls fragmentiert wird. Die Fragmentierung erzeugt einen Bruch, der wieder eine neue ›Konstruktion‹ hervorbringt, usw. Am Ende ergibt sich ein undurchdringliches Geflecht aus Linien und Schnitten, das keine sichtbare Lösung oder Schlussfolgerung hervorbringt, sondern einen Prozess wachsender Komplexität; eine Struktur, welche die Orientierung verloren hat.

Die neuesten Arbeiten weisen neben den fragmentierten Linien und den Schnitten noch ein drittes Element auf: Fragmente von farbigem Textilklebeband, die den Arbeiten eine weitere, optisch nach vorne tretende visuelle Schicht hinzufügen. Zunächst benutzte ich Klebeband nur während des Zeichenprozesses, um provisorisch bestimmte kompositorische Ideen zu markieren. Daraus erwuchs die Idee, diese markierten Stellen in die Zeichnungen zu integrieren und ebenfalls dem Prozess des Zerschneidens und Versetzens zu unterziehen. So wird ein Element, das zunächst der Orientierung diente und visuellen Halt gewähren sollte, in zahlreiche ›Splitter‹ mit unterschiedlichen Richtungsimpulsen zerlegt.

Meine neueste Zeichnungs-Serie nennt sich »irresistible non-solution«. Dieser Titel sowie mein konzeptueller Bezugsrahmen allgemein spielen auf Strukturen an, von denen die Arbeit beeinflusst ist (und denen sie oftmals kritisch gegenübersteht). Vermeintliche Lösungen persönlicher oder gesellschaftlicher Probleme tragen oft genug nur dazu bei, die Situation weiter zu komplizieren. Meine Arbeit hat dagegen sehr viel mit der Idee zu tun, Strukturen aufzubrechen.

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